Am 17. September ist es wieder soweit: der Veranstaltungsherbst 2015 bei Geobuch beginnt. Grund genug für uns, das Buch, das Fredy Gareis am Donnerstag bei uns vorstellen wird, einmal genauer unter die Lupe zu nehmen…
In seinem neuen Buch “100 Gramm Wodka – Auf Spurensuche in Russland” begibt sich der gebürtige Kasache Fredy Gareis auf die Suche nach den Wurzeln seiner Familie und entdeckt auf seinem Roadtrip von St. Petersburg an die Pazifikküste ein Land voller Sehnsüchte, Hoffnungen und eigenartiger Kontraste.
In seiner Kindheit waren viele Fragen über seine Herkunft und die Geschichte seiner Familie unbeantwortet geblieben, also macht sich Fredy Gareis mit 39 Jahren selbst auf, das Riesenland im Osten zu erkunden. Drei Monate fährt er mit einem alten Militärjeep, mit dem Zug und per Anhalter quer durch Russland, wandelt auf den Spuren seiner Familie, setzt das Puzzle seiner Kindheit zusammen, übersteht Wodkaexzesse, macht hinreißende Zufallsbekanntschaften und versucht nebenbei zu ergründen, wie die Menschen im Land von Putin wirklich denken und fühlen.
Leseprobe:
Санкт-Петербург: Der Westen im Osten
Die fremde Seele
„… an einem Sonntag im August, sitze ich im Flugzeug Richtung Sankt Petersburg, und alles, was ich unter mir sehe, ist ein grünes Meer aus Bäumen.
Hinter mir liegen Interviews mit Bekannten und Verwandten. Ein Treffen mit meinem Vater, den ich seit 20 Jahren nicht mehr gesehen hatte. Abende, an denen ich über meiner Reiseroute brütete, und Nächte, in denen ich auf Russisch träumte.
Jetzt schwinden die Kilometer bis zur Ankunft in dem Land, das sich über neun Zeitzonen erstreckt, doppelt so groß wie die USA ist, dabei aber nur halb so viele Einwohner hat. Ein Land, von dem es heißt, dass man es nicht mit dem Verstand fassen kann. Ein Land, dessen Seele mir so fremd ist wie der dunkle Wald da unter mir – und das doch die Heimat meiner Familie war.
Neben mir sitzen zwei Frauen. »Und Sie, junger Mann? Was haben Sie in Russland vor?«, spricht mich die deutlich Ältere der beiden an.
»Ich will mir ein Auto kaufen und bis zum Pazifik fahren«, antworte ich wahrheitsgemäß.
»Sie wollen sich ein Auto in Russland kaufen?« Beide schauen mich ungläubig an. »Und bis zum Pazifik? Durch die Taiga? Wieso das denn?«
»Warum denn nicht?«
»Aber in der Taiga ist absolut nichts, da wird man von der Leere verschluckt!«, gibt die Ältere zu bedenken.
»So schlimm wird es hoffentlich nicht sein. Ich war schon an ganz anderen Orten.«
»Vielleicht«, entgegnet die junge Frau skeptisch, »aber die Taiga ist anders. Da herrschen Gesetze, die du nicht kennst. Die Bären werden dich zum Frühstück verspeisen!«
Dann wendet sie sich der alten Dame zu, und die beiden fangen an, sich über die Situation in der Ukraine zu unterhalten. Vor Kurzem erst hat Russland die Krim annektiert; ich höre sie davon reden, dass man den ukrainischen Drecksäcken und Verrätern, diesen Faschisten, keinen Meter geben dürfe. Und schon sind wir bei Putin. Ungewöhnlich ist das nicht. Es gibt eine Denkschule, die besagt, dass Russland für immer eine Autokratie sein werde, dass westliche Regierungsformen in diesem Riesenland schlicht nicht funktionierten. Es sei einfach zu groß und zu chaotisch, Macht könne unter diesen Umständen nicht dezentralisiert werden. Im Gegenteil: Nur mit eiserner Faust lasse sich das gigantische Reich zusammenhalten. Vielleicht ist diese Argumentation zu einfach, dennoch zieht sich das Phänomen wie ein roter Faden durch die russische Geschichte, von den frühesten Herrschern bis heute.
Schließlich setzt die Maschine unter dem Applaus der Passagiere auf, rollt aus und entlässt uns in das brandneue Terminal des Flughafens Pulkowo, in dem die Böden und die Glasflächen auf Hochglanz poliert sind und die Zöllnerinnen in Miniröcken und auf Stöckelschuhen umherlaufen. Das Klack-klack, die Vorliebe der russischen Frauen für Absätze, wird mich über 12.000 Kilometer bis nach Magadan am Pazifik begleiten. …“
Weitere Infos zum Buch gibt es HIER.
Fredy Gareis, 1975 in Alma-Ata, Kasachstan geboren, arbeitet seit 2007 als freier Journalist. Für eine Undercover-Reportage für den Stern recherchierte er fünf Monate lang verdeckt bei Scientology. Früh begann er durch die Welt zu reisen, etwa nach Sibirien, wo er seiner Familiengeschichte bis an den Himbeersee folgte. 2010 – 2012 berichtete er als freier Korrespondent aus Israel und dem Nahen Osten u.a. für Der Tagesspiegel, DIE ZEIT und Deutschlandradio.
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Klappentext
Fredy Gareis: 100 Gramm Wodka – Auf Spurensuche in RusslandWas hat es mit dem geheimnisvollen Himbeersee auf sich, an dem Fredy Gareis‘ Großmutter in einem Straflager war? Und wieso trägt seine Mutter den Geburtsort „Soda-Kombinat“ im Pass? [EXPAND Mehr…] Als Kind von Russlanddeutschen wächst Fredy Gareis mit vielen offenen Fragen auf. Um endlich Antworten zu finden, macht er sich auf den Weg. Drei Monate fährt er quer durch Russland und versucht zu ergründen, was es mit diesem Land auf sich hat, von dem es heißt, dass man es nicht mit dem Verstand fassen kann, sondern nur mit dem Herzen. [/EXPAND]
Details
- ISBN: 978-3-89029-457-5
- Autor: Fredy Gareis
- Verlag: Malik
- Erscheinungstermin: 14. September 2015 (1. Auflage)
- Umfang: 256 Seiten
- Sprache: Deutsch
- Gewicht: 435g
- Maße (L*B*H): 21,4cm * 13,6cm * 3,3cm
- Preis: 14,99 Euro
- Kartoniert
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